IFZ FinTech Studie 2020

Daniel Christen - 05.03.2020
Systemcredit | IFZ FinTech Study (IFZ HSLU)

IFZ FinTech Study (Bild: IFZ/ HSLU)

Das Jahr 2019 war ein weiteres Rekordjahr für die Schweizer FinTech-Branche. Das IFZ (Institut für Finanzdienstleistungen Zug) und die Hochschule Luzern geben zum fünften Mal ihre jährliche Studie über die Entwicklungen im Schweizer FinTech-Ökosystem heraus.

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Eine Studie des IFZ und der HSLU

Von: Prof. Dr. Thomas Ankenbrand, Prof. Dr. Andreas Dietrich, Denis Bieri, Nicola Illi

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Die guten Bedingungen der Schweiz zahlen sich weiterhin aus.

Die Schweizer FinTech-Branche ist auch 2019 weiter gewachsen. Ende des Jahres waren insgesamt 382 FinTech-Unternehmen in der Schweiz aktiv, was eine jährliche Wachstumsrate von sieben Prozent bedeutet. Darüber hinaus setzte der Sektor 2019 seine Reifung fort, eine Entwicklung, die sowohl durch die Zunahme der durchschnittlichen Anzahl Vollzeitäquivalente, die bei den Schweizer FinTech-Unternehmen beschäftigt sind, als auch durch deren Gesamtfinanzierung deutlich wird. Diese Entwicklung ist nicht zuletzt auf die hervorragenden Bedingungen zurückzuführen, die FinTech-Unternehmen in der Schweiz vorfinden. Unsere FinTech-Hub-Analyse zeigt, dass die Schweiz im internationalen Vergleich der allgemeinen Faktoren, die auf FinTech-Unternehmen einwirken, an zweiter Stelle steht. Eine Regressionsanalyse zeigte, dass die relative Grösse des Schweizer FinTech-Sektors der Qualität des politischen/rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen und technologischen Umfelds entspricht. Insgesamt korreliert die relative Grösse eines FinTech-Hubs am stärksten mit den Joint-Venture- und Venture-Capital-Aktivitäten in der jeweiligen Region.

 

Die Suche nach relevanten Anwendungsfällen

Während FinTech versuchen sollte, reale Probleme zu lösen, ist die Branche teilweise noch auf der Suche nach relevanten Anwendungsfällen. In einem gesättigten Markt wie dem Schweizer Finanzmarkt wird in der Regel ein zusätzlicher Wert für den Benutzer durch einen Preis oder eine Kostenreduktion und/oder einen erhöhten Komfort generiert. Dennoch haben viele FinTech-Firmen Mühe, Kunden zu finden.

 

Zunehmende Bedeutung von “Tech”

Die Bedeutung von “Tech” versus “Fin” nimmt weiter zu. Da sieben der zehn größten Unternehmen weltweit als BigTech-Unternehmen eingestuft werden, ist die Bedeutung von “Tech” offensichtlich. Die zunehmende Tendenz zur Anwendung von IT-typischen Ertragsmodellen im Schweizer FinTech-Sektor unterstützt diese Aussage. Software-as-a-Service hat sich im Laufe der Jahre nach dem Kommissionsmodell zur zweitwichtigsten Einnahmequelle im Schweizer FinTech-Sektor entwickelt. Nimmt man die Häufigkeit der Anwendung des Lizenzgebührenmodells hinzu, gewinnen die Erlösmodelle, die typischerweise in der IT-Branche verfolgt werden, im Vergleich zu denen aus dem traditionellen Bankgeschäft zunehmend an Bedeutung.

 

Schweizer Banken nehmen die technologische Innovation nicht wahr

Nur wenige Pioniere nehmen die technologische Innovation wirklich wahr. Insgesamt sind die Schweizer Banken bei der Anpassung an neue Technologien eher vorsichtig und konzentrieren sich hauptsächlich auf das Run-the-Bank-Geschäft. Demgegenüber sind Change-the-Bank-Aktivitäten, wie die Implementierung neuer FinTech-Lösungen, von geringerer Relevanz, wie unsere Umfrage unter den CIOs der Schweizer Banken ergab. Das Auftauchen der ersten Alternativbanken, die auf den Schweizer Markt abzielen, zeigt jedoch eine Gruppe von Pionieren, die darauf drängen, technologische Innovationen in den Finanzsektor zu bringen. Diese Entwicklung, zusammen mit dem zunehmenden Angebot an Finanzdienstleistungen durch konkurrierende BigTech- und FinTech-Unternehmen, könnte den Innovationsdruck auf die traditionellen Finanzinstitute in Zukunft verstärken.

 

Beschleunigung der Veränderungen im regulatorischen Umfeld

Das Tempo der Veränderungen im regulatorischen Umfeld von FinTech wird sich in den kommenden Jahren wahrscheinlich beschleunigen. Die Reaktionen des Schweizer Gesetzgebers auf FinTech haben sich weiterentwickelt und werden sich in verschiedenen Phasen weiterentwickeln. Mit dem Finanzdienstleistungsgesetz und dem Gesetz über die Finanzinstitute, die seit dem 1. Januar 2020 in Kraft sind, verändert sich die Finanzmarktarchitektur der Schweiz grundlegend und wirkt sich nicht nur auf die “traditionellen” Finanzdienstleister, sondern auch auf die FinTech-Unternehmen aus. Die nächste signifikante Entwicklung könnte bereits 2021 eintreten, wenn der Schweizer DLT-Gesetzentwurf wie vorgesehen umgesetzt wird und damit eine rechtlich robuste Alimentierung von Finanzprodukten ermöglicht wird. Mit Blick über die Schweizer Grenzen hinaus werden andere Länder und internationale Gremien weiterhin immer detailliertere Regeln zu Themen umsetzen, die für FinTech-Unternehmen relevant sind. Solche Initiativen werden Themen wie Cybersicherheit, offenes Bankwesen, Cloud Computing, Datenschutz und die Verwendung von Krypto-Assets berühren.