Finanzierungslösungen von Spezialanbietern

Daniel Christen - 22.03.2020
Systemcredit | Symbolbild Spezialanbieter

Serie Finanzierungslösungen: Teil 3 von 3 – Spezialanbieter

Manchmal ist der Grund für einen Finanzierungsbedarf so speziell, dass er durch einen Spezialisten gedeckt werden sollte. In der ersten und zweiten Folge unserer dreiteiligen Serie «Finanzierungslösungen für KMU» sind wir auf die bekannten Finanzierungsgeber Banken und Crowdlender eingegangen. Hat ein KMU aber ein ganz spezielles Finanzierungsbedürfnis, so macht es viel Sinn, sich für eine Finanzierungslösung bei Spezialanbietern umzusehen.

 

Autoren: Daniel V. Christen, Gino Giuliato, Laura Schaad

 

Wer sind diese Spezialanbieter?

Neben Banken und zunehmend auch Crowdlendern sind Spezialanbieter wichtige Finanzierungsgeber für Schweizer KMU. Sie bieten nicht eine breite Palette von «Lösungen aus einer Hand», sondern haben sich auf bestimmte Arten der Finanzierung spezialisiert.

So lässt sich Leasing zum Beispiel nur in hohem Volumen und automatisiert profitabel abwickeln. Auch die sehr einschränkende Rechtsbasis, mit welcher der Gesetzgeber bei Privatkrediten eine Überschuldung von Privatpersonen verhindern will, hat zu spezialisierten Anbietern geführt. Und es gibt Spezialanbieter, die in Gebieten tätig sind, welche wegen ihrer Bedeutung für das Gemeinwesen von spezieller öffentlichen Förderung profitieren – so zum Beispiel bei der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredite oder beim Bürgschaftsgenossenschaftswesen.

Das Segment an Spezialanbietern im Fremdfinanzierungsbereich ist sehr breit und lässt sich naturgemäss schlecht vereinheitlichen. Es gibt aber einige Angebote, die für KMU besonders relevant sind und die wir im Folgenden vorstellen möchten.

 

Versorgung mit genügend Liquidität

In der Regel erbringt der KMU zuerst eine Leistung für seine Kunden, die er erst danach in Rechnung stellen kann. Dabei erhalten die Kunden eine Zahlungsfrist von typischerweise 30 Tagen, um die Rechnung zu bezahlen. Vom Beginn der Leistungserstellung, die etwa mit dem Einkauf von Materialien und Halbfabrikaten beginnt, über die Verarbeitung mit Lohn- und Gemeinkosten und der Auslieferung bzw. Montage beim Kunden bis zum Eintreffen des Geldes auf dem Bankkonto des KMU kann also viel Zeit vergehen. Benötigt ein KMU das Geld aber früher, so kann er sich Debitorenrechnungen bevorschussen lassen, was «Factoring» genannt wird.

Beim Factoring stellt der KMU dem Kunden wie gewohnt eine Debitorenrechnung zu. Eine Kopie dieser Rechnung reicht er bei einem Factoringgeber ein, mit der Bitte um Bevorschussung. Im Factoring werden Gelder bis zu einer Höchstgrenze von ca. 80 % des Rechnungsbetrags während der laufenden Zahlungsfrist an den KMU im Voraus ausbezahlt. Zahlt der Kunde schliesslich die Rechnung, so geht der bevorschusste Teil plus Zinsen und Gebühren an den Factoringgeber. Der Rest der Kundenzahlung, also die restlichen ca. 20 % des Rechnungsbetrags, kann der KMU als Gewinn einbehalten.

Neben diesem normalen, «offenen» Factoring existieren noch weitere Arten, die sich durch eine veränderte Funktionsweise oder veränderte Vertragsbeziehungen zum Factor auszeichnen. Wie insbesondere das offene und das verdeckte Factoring funktionieren, lesen Sie weiter unten.

Die vier wesentlichen Factoring-Arten:

offenes «echte» Factoring
Kunden werden in den Prozess eingebunden und wissen, dass Sie als Lieferant die Forderung an ein Drittunternehmen verkauft haben,

verdecktes «echtes» Factoring
Alternative zum offenen Factoring, die Kunden werden nicht über das Factoring informiert

«unechtes» Factoring
Factoring mit limitierter Risikoübernahme, es bleibt ein Restrisiko, dass Sie unter Umständen haften müssen, wenn Ihre Kunden nicht bezahlen

Reverse-Factoring-Verfahren
Sonderform des Factorings im Bereich der Einkaufsfinanzierung, indem Sie Ihrem Kunden über eine Factoringfirma eine sogeannte Käuferfinanzierung anbieten.

In der Schweiz wurden im Jahr 2018 Debitoren im Wert von CHF 667 Millionen bevorschusst (Quelle: Schweizerischer Factoringverband).

 

Finanzierung von Mobilien und Immobilien

Die wohl bekannteste Alternative zu Bankkrediten und Crowdlending ist das «Leasing». Beim diesem steht nicht das Eigentum am Anlagegut im Zentrum, sondern dessen Gebrauch und Nutzen.

Nicht sehr langfristige, aber dafür intensiv genutzte Güter werden oft geleast, wenn sie «von austauschbarer Qualität mit einem Marktwert» sind. Das Autoleasing für die Verkäuferflotte oder die Servicefahrzeuge sind Klassiker des Leasings. Aber auch Maschinen für die Produktion oder Ladeneinrichtungen sind beliebte Leasinggegenstände. Das Erstellen von ganzen Gebäuden kann mit Immobilienleasing finanziert werden. Das läuft genauso ab wie das Leasing von Mobilien.

Beim Leasing wählt der KMU selbst das Objekt aus, welches ihm den verlangten Nutzen stiften wird. Gekauft wird es dann durch den Leasinggeber, der es vertraglich abgesichert dem KMU zur Nutzung überlässt. Der Vertrag beinhaltet immer eine Laufzeit und einen Restwert zum Ende der Laufzeit, sowie einen Eigentumsvorbehalt des Leasinggebers. Typisch am Leasing ist auch, dass in immer gleichbleibenden Raten bezahlt wird. Jede Rate beinhaltet einen Amortisations- und einen Zinsteil, welche sich laufend verändern, während der Ratenbetrag selbst unverändert bleibt. Während der Laufzeit kann der KMU das Objekt nutzen, als ob es sein eigenes wäre. Insbesondere kann der KMU auch allen Nutzen aus dem Objekt selbst behalten, solange er die vereinbarte Leasingrate an den Leasinggeber bezahlt. Das Objekt bezahlt sich sozusagen «mit den Eiern, die es legt». Zum Ende der Laufzeit kann der KMU das Objekt zurückgeben oder in Absprache mit dem Leasinggeber zum Restwert kaufen.

Der Schweizerische Leasingverband zählt 33 ordentliche Mitglieder, die Immobilien-, Investitions- und Konsumgüterleasing anbieten. Der Verband schätzt das Gesamtvertragsvolumen in der Schweiz auf ca. 27.5 Milliarden (Quelle: Schweizerischer Leasingverband).

 

Finanzierung von Wachstum

Weil das Risiko so hoch ist, lässt sich Wachstum nur beschränkt fremdfinanzieren. Mit Mezzanine-Kapital steht aber eine Zwitterform zur Verfügung, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Mezzanine ist ein Zwischending zwischen Fremd- und Eigenkapitalfinanzierung. Es wird rechtlich so ausgestaltet, dass es dem Finanzierungsgeber gewisse Sicherheiten bietet (etwa regelmässige Zinsen oder Rückzahlungsraten wie ein Darlehen), aber die Risikotragfähigkeit und die Erfolgsbeteiligung von Eigenkapital annimmt (etwa durch Erklärung von Nachrangigkeit oder Einschluss einer Wandlungsoption). Bei etablierten Firmen, welche in einer Reifephase Restrukturierung oder Akquisition durchlaufen, aber auch bei jungen Firmen mit aggressiven Wachstumsplänen und sich abfolgenden Finanzierungsrunden, spielt Mezzaninekapital eine wachsende Rolle.

Genaue Zahlen über das Mezzanine-Finanzierungsgeschäft in der Schweiz sind nicht verfügbar, die Branchenvereinigung «Schweizerische Vereinigung für Unternehmensfinanzierung» geht aber allgemein davon aus, dass diese Zwischenform an Bedeutung gewinnt.

 

Fazit unserer dreiteiligen Serie über Finanzierungslösungen für KMU

Es gibt viele Gründe, warum KMU ein Finanzierungsbedürfnis haben. Deshalb gibt es auch so viele Lösungen, die jede für sich wieder Vor- und Nachteile hat.

Allen Lösungen ist gemeinsam, dass sie sehr komplex sind und sich viele Anbieter gegenüberstehen und um den KMU als Kunden werben. Da kann sich ein Unternehmer schnell mal überfordert fühlen, denn er befindet sich jedes Mal weit ausserhalb seiner eigenen Berufs- oder Branchengruppe: Schliesslich stehen den fast 600’000 KMU in der Schweiz mit gegen 3 Millionen Mitarbeitenden nur 248 Banken mit etwa 144’000 Mitarbeitenden gegenüber. Guter, von Finanzierungsgebern unabhängiger Rat ist deshalb bei Finanzierungsfragen wertvoll, spart viel Zeit und Papierkram, und verhindert teure Fehler!

Es gibt aber typische Situationen von KMU, wir haben sie in unserer dreiteiligen Serie «Liquidität», «Mobilien und Immobilien» und «Wachstum» genannt, für die es etablierte Angebote und Anbieter gibt, die für KMU besonders relevant sind und die wir in unserer dreiteiligen Serie vorgestellt haben.

In Teil 1 haben wir die Finanzierungslösungen von Banken betrachtet. Banken machen noch immer den Löwenanteil der Schweizer KMU-Finanzierungen aus. Sie sind aber sehr streng reguliert wegen ihrer hohen öffentlichen Bedeutung und relativ risikoscheu, weil sie das Kreditausfallrisiko selbst tragen. Wohl deshalb haben nur ein Drittel aller Schweizer KMU eine Fremdfinanzierung von einer Bank. Aber jeder KMU hat mindestens ein Bankkonto, denn es gibt Lösungen, welche heute nur Banken anbieten können.

In Teil 2 haben wir uns den Crowdlendern gewidmet. Aus dem Megatrend der «Sharing Economy» hervorgegangen, sind Crowdlender relativ neu in der Schweiz, konnten sich aber gut etablieren und sind das am schnellsten wachsenden Segment der Firmenkredite. Crowdlender haben nur ein Produkt, das klassische Investitionsdarlehen mit regelmässiger Rückzahlung. Dafür sind die Anleger risikofreudig und bereit, KMU-Projekte mit höherem Risikoprofil zu finanzieren, welche bei Banken abgelehnt würden.

In Teil 3 schliesslich haben wir die diversen Spezialanbieter vorgestellt, bei welchen KMU für ganz bestimmte Anforderungen spezielle Lösungen finden. Leasing als eine Finanzierung, bei welcher sich das Huhn mit den selbst gelegten Eiern zahlt, Factoring, bei welchem Debitorenrechnungen während der laufenden Zahlungsfrist bevorschusst werden, und Mezzanine-Kapital, das als Zwitter zwischen Eigen- und Fremdkapital gerade bei schnell wachsenden KMU sowie in Spezialsituationen von reiferen Unternehmen zunehmend eine Rolle spielt.