Finanzierungslösungen von Crowdlendern

Daniel Christen - 18.03.2020
Systemcredit | Symbolbild Crowdlender

Serie Finanzierungslösungen: Teil 2 von 3 – Banken

Wie wir in der ersten Folge der dreiteiligen Serie «Finanzierungslösungen für KMU» gezeigt haben, lässt sich nicht jeder Finanzierungsbedarf eines KMU durch Banken decken. Für KMU mit Finanzierungsbedarf etwa aus hohem Wachstum lohnt es sich deshalb, sich auch ausserhalb der Hausbank nach anderen Möglichkeiten umzusehen. Crowdlender können als neue Finanzierungsquelle dienen.

 

Autoren:   Daniel V. Christen, Andrea Farei-Campagna, Laura Schaad

 

Was sind eigentlich Crowdlender?

Crowdlender sind relativ neu, konnten sich mittlerweile aber sowohl hierzulande als auch weltweit gut etablieren. Crowdlender resultierten aus dem Megatrend «Sharing Economy»: Jemand teilt mit einem mehr oder weniger Fremden, was er besitzt und gegenwärtig selbst gerade nicht verwendet. Daraus ziehen beide Parteien – sowohl Ausleiher als auch Nutzer – einen Mehrwert, den sie sonst nicht hätten. Nach diesem Prinzip funktioniert auch Crowdlending. Ein Anleger, der über eine Geldsumme verfügt, die er anlegen will, stellt diese einem Unternehmer für eine gewisse Zeit zur Verfügung. Das Unternehmen kann diese Geldsumme als Kredit nutzen, um etwa eine produktive Anschaffung zu tätigen oder sein Wachstum zu finanzieren, und entschädigt den Anleger dafür mit Zins und Rückzahlungen. So profitieren sowohl Anleger als auch das Unternehmen von diesem Austausch. Crowdlender nehmen in diesem Austausch die Funktion des Vermittlers ein. Sie bringen das Unternehmen mit mehreren interessierten Anlegern – der «Crowd» – zusammen.

Zur Förderung von innovativen Finanzunternehmen hat der Gesetzgeber die so genannte Fintech-Bewilligung, eine Bewilligung mit erleichternden Anforderungen, geschaffen. Die FINMA ist für die Erteilung dieser Bewilligung zuständig, überwacht das Geschäft der Crowdlender und sorgt damit für Sicherheit. Diese vereinfachte Regulierung der Schweizer Aufsichtsbehörde hat einiges zum Erfolg des Crowdlendings beigetragen: Gemäss der Crowdlending Umfrage 2019 von PWC in Zusammenarbeit mit der Branchenvereinigung und der Hochschule Luzern haben Crowdlender im Jahr 2018 insgesamt CHF 134.4 Millionen an Firmen ausgeliehen. Damit ist Crowdlending im Vergleich zu Bankkrediten immer noch sehr klein. In den letzten Jahren wuchs Crowdlending jedoch schneller als das Kreditgeschäft des Bankensektors, welche gemäss derselben Studie im Jahr 2018 total CHF 295 Milliarden Kredite vergaben. In der Praxis beobachtet man, dass Crowdlendingprojekte risikobehafteter als Bankenfinanzierungen sein können. So ergänzt Crowdlending den traditionellen Bankensektor eher, als dass es diesen konkurrenziert. Die Crowdlender, die in der Schweiz Kredite anbieten, haben sich in der «Swiss Marketplace Lending Association» zusammengeschlossen, die einen umfassenden Jahresbericht publiziert.

 

Wie verdienen Crowdlender ihr Geld?

Crowdlender suchen auf der einen Seite nach Projekten von KMU, die eine Finanzierung nötig haben. KMU bezahlen auf die erhaltene Kreditsumme einen Zins. Auf der anderen Seite sammeln Crowdlender Anleger, die für ihr Vermögen rentierende Anlagen in KMU-Projekten suchen und wissen wollen, wer ihr Geld als Kredit zur Verfügung gestellt bekommt. Der Anleger erhält auf die Summe, die er zur Verfügung stellt, einen Zins ausbezahlt. Da der Zinssatz, den die KMU für die Summe bezahlen höher ist, als derjenige, den die Anleger erhalten, kann sich der Crowdlender darüber finanzieren und seine Kosten decken. Weil dieser Betrag in der Regel aber relativ knapp werden kann, belasten Crowdlender oft zusätzliche Gebühren. Das Risiko, dass der Kredit nicht zurückbezahlt werden kann bleibt beim Anleger. Der Crowdlender trägt damit, im Gegensatz zu einer Bank, selbst kein Kreditausfallrisiko.

 

Crowdlender und KMU

In der Schweiz bieten bisher lediglich 14 Crowdlender KMU-Kredite an. KMU mit Interesse an einem Crowdlendingkredit können sich auf der Webseite des Crowdlenders registrieren. Das ist meist mit umfangreichem Papierkram verbunden. Weil das finanzierungssuchende KMU dem Anleger in der Regel meist komplett fremd ist, müssen sich die Anleger erst eine Meinung bilden, ob sie einen Teil ihres Vermögens diesem KMU zur Verfügung stellen wollen. Anschliessend muss der KMU die letzten Jahresabschlüsse per PDF oder direkt aus der Buchhaltungssoftware digital hochladen. Von den Crowdlendern wird ein Ratingtest durchgeführt, den das KMU bestehen muss, um den Anlegern überhaupt präsentiert zu werden und in einer «Auktion» unter den Anlegern das Projekt finanzieren zu lassen. Ist die Finanzierung erfolgreich, ist das Darlehen mit Zinsen in gleichbleibenden, regelmässigen Raten abzubezahlen.

 

Unterschied zu Banken

Fremdfinanzierung dient KMU zur Finanzierung derjenigen Bedürfnisse, die sie nicht aus eigenen Mitteln decken können oder wollen. Bisher war diese Fremdfinanzierung das alleinige Spezialgebiet von Banken. Diese tragen das «Kreditausfallrisiko», was bedeutet, dass die Bank den Verlust tragen muss, wenn ein KMU den Kredit nicht zurückbezahlen kann.

Im Unterschied zu Banken trägt der Crowdlender das «Kreditausfallrisiko» nicht selbst, sondern verteilt es auf die verschiedenen Anleger des einzelnen Kredits. Bei diesen Anlegern handelt es sich um vermögende Privatpersonen und zunehmend um institutionelle Anleger. Sie haben nur einen kleinen Teil ihres Vermögens in Crowdlendig investiert und auch dort auf verschiedene Projekte verteilt. Dadurch sind Crowdlender risikofreudiger als es eine Bank je sein kann. Fremdkapital ist deshalb bei Crowdlendern auch für risikobehaftetere Projekte und für Unternehmensphasen erhältlich, in denen Banken ablehnen würden. Gerade ab dem zweiten und dritten Geschäftsjahr und besonders in der Wachstumsphase einer Unternehmung – wir erinnern uns an den ersten Teil der Serie – sind Crowdlender deshalb interessante Finanzierungsquellen für KMU.

 

Versorgung mit genügend Liquidität

Unternehmen müssen jederzeit genügend Liquidität sicherstellen, damit sie ihre fälligen Rechnungen bezahlen können. Wachstum beschert einen hohen Liquiditätsbedarf, da viel vorfinanziert werden muss. Crowdlender haben hier kaum Lösungen, denn dafür eignen sich besonders «Kontokorrentkredite» die nur von Banken angeboten werden können. Lesen Sie dazu mehr in der ersten Folge unserer dreiteiligen Serie.

 

Einkauf von Mobilien und Kauf oder Bau von Immobilien

Das klassische Produkt von Crowdlendern ist der «Investitionskredit». Benötigt ein KMU Kapital für Maschinen, Fahrzeuge, Einrichtung oder Immobilien, so sollte es unbedingt Crowdlending in Betracht ziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um die erstmalige Anschaffung handelt, um zu wachsen, oder um Ersatzinvestitionen.

Einige Crowdlender bieten auch sogenannte «Überbrückungskredite» an. Wie der Name schon sagt, dient dieser der Deckung von vorübergehend auftretendem, kurzfristigem Geldbedarf.

 

Finanzierung von Wachstum

Der Aufbau neuer Märkte, die Einstellung von neuem Personal oder eine Digitalisierung des Geschäfts sind oft Voraussetzung für Wachstum und kosten viel Geld. Sie sind zwar für Crowdlender eher riskant, aber in der Schweiz wurden bereits viele Wachstumsprojekte durch Crowdlender fremdfinanziert.

Das Wachstum eines KMU kann in vielerlei Hinsicht das Portemonnaie belasten. Erhält ein KMU einen Grossauftrag, so muss es diesen vorfinanzieren. Auch der Aufbau neuer Märkte und die Anstellung von zusätzlichem Personal ist kostenintensiv. Zusätzlich sind auch die Digitalisierung und das Projektgeschäft Themen, welche KMU in ihrer Wachstumsphase oftmals beschäftigen und Kosten verursachen. Da Wachstum immer mit erhöhtem Risiko verbunden ist, kann nur ein Teil davon über Banken oder Crowdlender finanziert werden. In der dritten Folge unserer dreiteiligen Serie «Finanzierungslösungen» zeigen wir Ihnen auf, wie spezielle Finanzierungsbedürfnisse durch Spezialanbieter finanziert werden können.