COVID-19-Kredite werden kaum benützt

Laura Schaad - 11.06.2020
Kreditvereinbarungen pro Tag | Systemcredit

Kreditvereinbarungen pro Tag (Quelle: Eidgenössisches Finanzdepartement, Stand 20.05.2020)

 

Das Massnahmenpaket des Bundes versorgte KMU ab dem 26. März 2020 rasch und unkompliziert mit finanzieller Hilfe. Doch was passierte mit den gesprochenen Krediten? Welche Unterstützungslücken zum Vorschein traten und weshalb die COVID-19-Kredite bisher kaum angetastet wurden, erfahren Sie in diesem Artikel.

 

Autoren: Laura Schaad, Daniel V. Christen

 

Massnahmepaket des Bundes

Mit dem Lockdown im März dieses Jahrs mussten viele Unternehmen Zwangsschliessungen und Umsatzeinbussen hinnehmen, was wiederum ihre Liquidität stark belastet hat. Der Bund hat schnell auf diese Krise reagiert und zur Rettung der Schweizer Wirtschaft unter anderem Überbrückungskredite in der Höhe von insgesamt CHF 40 Mrd. angeboten. KMU konnten so unbürokratisch, schnell und ohne grosse Prüfung ihre Liquiditätsengpässe überbrücken (Eidgenössisches Finanzdepartement; 03.04.2020). Wie Unternehmen diese Kredite beantragen können, haben wir in unserem auf KMU ausgerichteten Factsheet zusammengefasst, Sie finden es hier. Kreditgesuche können noch bis zum 31. Juli 2020 eingereicht werden.

 

Die Hälfte für Mikrounternehmen

Seit dem 26. März wurden rund 125’000 Kredit mit einem Volumen von rund CHF 15 Mrd. vergeben. Davon wurde fast die Hälfte an Mikrounternehmen – Unternehmen mit ein bis neun Mitarbeitenden – vergeben. Weitere 35.7 % gingen an Kleinunternehmen, die zwischen 10 und 49 Mitarbeitende beschäftigen (Investtrends.ch; 26.05.2020).

Systemcredit | Kreditvolumen nach Unternehmen

Kreditvolumen nach Unternehmen (Quelle: Eidgenössisches Finanzdepartement, Stand 20.05.2020)

 

123 Banken nahmen am Kreditprogramm teil, darunter auch die PostFinance, die normalerweise keine langfristigen Kredite vergeben darf. Die Grossbanken (UBS und CS) haben mit 39 % den Löwenanteil der Kredite vergeben. Nur knapp dahinter die Kantonalbanken mit 32 %. Die PostFinance hat nur rund 5 % der Kredite verteilt (Investtrends.ch; 26.05.2020).

Systemcredit | Kreditvolumen nach Banken

Kreditvolumen nach Banken (Quelle: Eidgenössisches Finanzdepartement, Stand 20.05.2020)

 

Die meisten Covid-19-Kredite wurden in den grossen Kantonen wie Zürich, Waadt, Bern und Genf gesprochen. Relativ zum Bruttoinlandprodukt (BIP) der Kantone fällt auf, dass das Tessin, Waadt, Wallis und Zug die proportional höchsten Kreditvolumina aufweisen, was wohl auch mit der in diesen Kantonen besonders hohen Infektionsraten zusammenhängt (Investtrends.ch; 26.05.2020), während Zug wirtschaftlich ein Spezialfall ist.

Systemcredit | Kreditvolumen nach Kantonen

 Kreditvolumen nach Kantonen (Quelle: Eidgenössisches Finanzdepartement, Stand 20.05.2020)

 

COVID-19-Kredite kaum angetastet

Der Ansturm auf das Massnahmepakets des Bundes im März war riesig: Schweizweit gingen 125’000 Kreditgesuche ein (Investtrends.ch; 26.05.2020). Jetzt zeigt sich aber: die Unternehmen haben sich das Geld zwar gesichert, aber noch nicht verwendet. Alleine bei der ZKB haben 80 % der Unternehmen den Kredit noch nicht angefasst. Werner Scherrer vom Zürcher KMU- und Gewerbeverband sieht das als positives Zeichen: KMU hätten Eigenmittel aufgebaut, die sie nun nutzen könnten. Für den Schweizer Gewerbeverband (SGV) spiegelt sich in der Nichtverwendung die Vorsicht der KMU wider: eine nicht zwingend nötige Verschuldung werde teuer und die Kredite sind an Bedingungen geknüpft. Trotz allem ist man überzeugt – die Symbolwirkung des Massnahmepakets hat Sicherheit vermittelt, schliesslich wusste man vor zwei Monaten noch nicht, wie sich die Situation entwickeln würde (SRF; 14.05.2020).

 

Unterstützungslücken

Kurt Schmid, Präsident des Aargauischen Gewerbeverbandes (AGV) stellt trotz umfangreichem Massnahmepaket Unterstützungslücken fest – Betriebe, die zwischen Stuhl und Bank fallen. So zum Beispiel Firmen, die neben den Mietkosten auch hohe Betriebskosten zu verzeichnen hatten, die trotz Betriebseinstellung weiterhin anfielen. Nicht alles lässt sich eben einfach so stilllegen. Auch höre man von den KMU immer wieder, dass es zwar schön und gut sei, dass der Bund und der Kanton Überbrückungskredite gewähren – dennoch müssen diese zurückbezahlt werden, wofür erst Einnahmen erwirtschaftet werden müssen. Man gehe deshalb davon aus, dass gerade aus diesem Grund viele Betriebe keine Kredite beantragt haben – man fürchtet sich vor einer Überschuldung (Aargauer Zeitung; 29.05.2020).

 

Der Betrug mit den Krediten

Der bewusst schlank gehaltene Kreditprozess zog auch kriminell Motivierte an. Die schon anfangs aufgekommenen Bedenken, es Betrügern mit dem unbürokratischen Prozess einfach zu machen, bestätigte sich zwar, aber es handelt sich doch eher um Einzelfälle verglichen mit dem hohen Volumen. So verfolgt die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Fälle im einstelligen Bereich, im Kanton Schwyz drei Fälle, im Kanton Waadt zwei und im Kanton Zürich rund 30 Fälle. Schätzungen über die Höhe des Schadenvolumens gibt es noch keine, sie dürfte sich aber im tiefen Millionenbereich bewegen (Tagesanzeiger; 12.05.2020).

Seit dem 03. April versucht der Bundesrat diese Missbräuche einzudämmen. So müssen sich Unternehmen mit Ihrer UID-Nummer für die Kredite registrieren, was sicherstellt, dass das Unternehmen tatsächlich existiert und sich nicht im Konkurs oder in Liquidation befindet. Anschliessend führen Banken eine Zweiphasenidentifikation durch und die von den Bürgschaftsorganisation eingerichtete Zentralstelle prüft wiederum die von den Banken eingegangenen Unterlagen auf die Vollständigkeit und die formelle Einhaltung der Anspruchsvoraussetzungen. So zum Beispiel die Korrektheit des Gründungsdatum, der Prüfung allfälliger Mehrfachanträge u.v.m. Die Bürgschaftsorganisationen erstatten dem SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft) regelmässig Bericht. Zum Schluss übernimmt die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) eine systematische Überprüfung sämtlicher vergebenen Bürgschaften (Staatssekretariat für Wirtschaft SECO; 15.05.2020).

 

KMU-Finanzierungsexperte Gino Giuliato, Mitglied der Geschäftsleitung und Partner bei Systemcredit, erwartet, dass es einerseits im Herbst zu einem gewissen Nachholbedarf kommen wird, wenn Unternehmer die benützten Covid-19-Kredit mit ihren strengen Auflagen durch kommerzielle Kredite ablösen werden, die ihnen die volle unternehmerische Freiheit zurückgeben. Und andererseits Unternehmen, welche die Covid-19-Kredite als Sicherheitsreserve zwar bezogen aber nicht benutzten, aufgrund von besserer Planungssicherheit ihre Budgets und Pläne angepasst haben werden und sich für die Umsetzung der Zukunftspläne die nötigen Finanzmittel beschaffen.