Anforderungen für eine Spezialistenfinanzierung

Daniel Christen - 24.04.2020
Systemcredit | Anforderungen Spezialistenfinanzierung

Anforderungen Spezialistenfinanzierung

 

Was wenn Sie als KMU einen ganz speziellen Finanzierungsbedarf haben, den Banken und Crowdlender nicht optimal abdecken? Dann sind Sie reif für einen Spezialisten, um dennoch schnell eine passende Finanzierung zu erhalten. Hier sind die Tipps und Tricks, wie man die Anforderungen von Spezialanbietern erfüllt und schneller zur Spezialfinanzierung gelangt.

 

Autoren: Daniel V. Christen, Gino Giuliato, Laura Schaad

 

Wer sind die Spezialisten?

Die Spezialanbieter von Finanzierungen fokussieren sich – wie die Bezeichnung schon sagt – jeweils auf nur ein Spezialgebiet in der weiten Welt der Finanzierungen. Mehr Informationen zu diesen Spezialanbietern und deren Produkte finden Sie in unserem Artikel «Finanzierungslösungen von Spezialanbietern». Aufgrund der sachbedingten Komplexität der jeweiligen Spezialgebiete stellen wir Ihnen in unseren Artikelserien jeweils nur die beiden in der Schweiz bekanntesten – Leasing und Factoring – vor.

 

Wie beurteilen Spezialisten Ihr KMU?

Auch die Spezialanbieter müssen vor Bewilligung der beantragten Finanzierung einschätzen, wie wahrscheinlich Ihr KMU den abzuschliessenden Finanzierungsvertrag in Zukunft einhalten wird. In unserem Artikel «Anforderungen von Banken» haben wir das Thema “Bonität” bereits detaillierter erläutert und auch bei Spezialisten ist es nicht viel anders.

So greifen Leasingfirmen bei der Prüfung – ähnlich wie auch Crowdlender – teilweise auf Drittfirmen zurück, um Auskunft über die Kreditwürdigkeit und das Zahlungsverhalten Ihrer Firma zu erhalten. Im Vordergrund steht aber das zu finanzierende Leasingobjekt, das der Leasinggeber auf Nutzen und Werterhalt, sowie auf dessen Wiederverkaufspreis bewerten wird. Daneben analysieren Leasingfirmen die letzten beiden Jahresabschlüsse und die Fähigkeit Ihres KMU, die Leasingraten über die Laufzeit fristgerecht zu bezahlen.

Factoringgesellschaften hingegen interessiert primär die Werthaltigkeit jeder einzelnen zum Kauf angebotenen offenen Forderung – also die Debitorenrechnungen Ihres KMU. Fällt die Prüfung positiv aus, so können Sie die Rechnungen beim Factoringunternehmen einreichen und Sie erhalten den grössten Teil der entsprechenden Rechnungssummen schon nach kurzer Zeit, ohne dass Ihre Kunden diese tatsächlich schon bezahlt haben müssen. Die Factoringfirma, welche für die Forderungen aufkommt, noch bevor der Kunde Ihres KMU die Rechnung selbst bezahlt, prüft also die Debitorenrechnung selbst sowie den Adressaten der Rechnung. Erst in einem zweiten Schritt wird die Kreditwürdigkeit Ihrer Firma geprüft.

 

Basisvoraussetzungen

Wer in der Schweiz ein Investitionsobjekt leasen oder sich Debitorenrechnungen bevorschussen lassen möchte, muss in der Schweiz operativ tätig sein. Das hängt mit der Risikobeurteilung und den damit verbundenen rechtlichen Bestimmungen zusammen.

Beim Leasing dürfen ausserdem keine laufenden Betreibungen auf Ihrem Betreibungsregisterauszug erscheinen und bei den meisten Anbietern müssen Sie bereits mindestens sechs Monate operativ tätig sein.

Beim Factoring gelten dieselben Basisvoraussetzungen wie für das Leasing. Zusätzlich sind aber auch Voraussetzungen an Ihre Debitorenrechnungen geknüpft: Idealerweise sind die Rechnungen nach Schweizer Recht aufgesetzt, das heisst der Rechtsstand für Streitigkeiten liegt in der Schweiz, selbst wenn der Kunde und Adressat der Debitorenrechnung im Ausland liegt. Die Währung der Rechnung ist weniger von Belang, solange sie einfach handelbar und absicherbar ist.

 

Unterlagen

Leasing

Um einen Investitionsgegenstand leasen zu können, muss die Kreditwürdigkeit Ihrer Firma eindeutig nachweisbar sein. Diese Prüfung wird wie bereits erwähnt teilweise durch eine Wirtschaftsauskunftei erledigt, die der Leasingfirma Auskunft über das Zahlungsverhalten Ihrer Firma gibt. Wirtschaftsauskunfteien haben komplexe Systeme entwickelt, um zu erfassen, ob Ihre KMU die Lieferanten fristgerecht bezahlt. Weitere Datenquellen sind das Handelsregister und die Betreibungsämter. Die Jahresabschlüsse Ihrer KMU werden in der Regel nicht geprüft. Nur bei grösseren Anschaffungen prüft die Leasinggesellschaft die Bonität Ihres KMU anhand der letzten beiden Jahresabschlüsse, verlangt diese aber dann direkt von Ihnen.

Beim Leasing bleibt die Leasinggesellschaft stets Eigentümerin des Leasingobjektes – sie überlässt es Ihnen ja nur zum Gebrauch. Deshalb sind natürlich die Merkmale des Leasingobjekts von grosser Bedeutung. Der Leasinggeber verlangt alle nützlichen Unterlagen zum Objekt (verbindliche Offerte, Kaufvertrag, Spezifikationen, Zertifizierungen etc.). So kann er den Nutzen und die Verwertbarkeit sowie das von ihm zu tragende Objektrisiko beurteilen. Aus diesem Grund spielt es auch eine grosse Rolle, ob es sich um ein Standardprodukt mit grossem Occasionsmarkt handelt oder um ein einmaliges Spezialobjekt mit engem Einsatzbereich und entsprechend beschränktem Käuferkreis. Vereinfacht gesagt: desto marktgängiger ein Leasingobjekt ist, desto weniger Anforderungen werden an die Bonität des Leasingnehmers gestellt. Wollen Sie also einen standardmässigen Lastwagen für Ihren gut eingeführten Transportbetrieb anschaffen, dann erhalten Sie Leasing einfacher, als wenn ein exotischer ausländischer Hersteller für Ihren Nischenbetrieb eine speziell angepasste Maschine extra massgeschneidert herstellt.

 

Factoring

Wie bereits erwähnt, wird beim Factoring weniger Ihre Bonität geprüft, sondern primär diejenige Ihrer Kunden: «Wird der Kunde des KMU wirklich vertragskonform bezahlen?» ist die grosse Frage, die es fürs Factoring zu beantworten gilt. Im Vordergrund steht die Zahlungsmoral Ihres Kunden. Je nach Geschäftsmodell des Factoringanbieters werden die Debitorenrechnungen einzeln geprüft und bevorschusst. Oder, wie etwa bei Tradeplus24, mit einem smarten Algorythmus und Versicherungsmathematik als ganzer «Debitorenbestand» analysiert, um dann eine «Liquiditätslimite» zur Verfügung zu stellen.

Obwohl Factoring kompliziert tönt, ist die praktische Handhabung sehr einfach. Beim Factoring stellt der KMU dem Kunden wie gewohnt eine Debitorenrechnung zu. Eine Kopie dieser Rechnung reicht er bei einem Factoringgeber als Unterlage ein, mit der Bitte um Bevorschussung. Bei den meisten Factoringunternehmen muss vor der ersten zu bevorschussenden Rechnung ein Kundenkonto eröffnet werden. Dort sind dann auch die eigenen Jahresabschlüsse zu hinterlegen.

In der Regel erbringt der KMU ja zuerst eine Leistung für seine Kunden, die er erst danach in Rechnung stellen kann. Dabei erhalten die Kunden eine Zahlungsfrist von typischerweise 30 Tagen, um die Rechnung zu bezahlen. Vom Beginn der Leistungserstellung, die etwa mit dem Einkauf von Materialien und Halbfabrikaten beginnt, über die Verarbeitung mit Lohn- und Gemeinkosten und der Auslieferung bzw. Montage beim Kunden bis zum Eintreffen des Geldes auf dem Bankkonto des KMU kann also viel Zeit vergehen. Benötigt ein KMU das Geld aber früher, so ist «Factoring» eine attraktive Lösung.

Der entsprechende Finanzierungsgeber, auch «Factor» genannt, kauft Ihre Debitorenforderungen und zahlt Ihnen dafür die entsprechende Rechnungssumme, noch bevor Ihre Kunden diese bezahlt haben. Für diese sehr liquiditätsschonende Finanzierung zahlen Sie eine prozentuale Factoring-Gebühr, die sich nach der Summe der eingereichten Forderungen richtet. Verwandte Bezeichnungen für das Factoring sind «Forderungsfinanzierung», «Vorfinanzierung von Forderungen» sowie «Forderungsverkauf».